Was sind die verfassungsrechtlichen und allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung?
Die österreichische Verfassung (= Bundes-Verfassungsgesetz; B-VG) steht im Rechtsgefüge an oberster Stelle. Die Bundesverfassung schafft den Rahmen für den Aufbau des Staates und legt die Grundregeln für das Handeln der Staatsorgane fest. Sie regelt das Tätigwerden der Staatsorgane, also des Parlaments, der Verwaltung und der Gerichte, und legt wesentliche Grundsätze fest, die seitens der Gerichte im Rahmen ihrer Tätigkeit zu beachten sind.
Das Legalitätsprinzip bedeutet, dass die gesamte staatliche Vollziehung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden darf (Art. 18 Bundes-Verfassungsgesetz). Es ist ein besonderes Merkmal des Rechtsstaats, der auf gesetzlichen Regelungen aufgebaut ist.
Das bedeutet, dass der Staat nur das tun darf, wozu er gesetzlich ausdrücklich ermächtigt ist. Der:die Bürger:in hingegen darf alles tun, was ihm:ihr nicht gesetzlich ausdrücklich verboten ist. Die Gesetzgebung muss das „Ob“ und das „Wie“ des staatlichen Handelns vorherbestimmen (Bestimmtheitsgebot).
Jede Form staatlichen Handelns, das in die Rechtsstellung der Bürger:innen eingreift, muss durch ein Rechtsmittel effektiv bekämpfbar sein.
Die wichtigste Grundlage für das Vertrauen in die Rechtsprechung ist der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter:innen in der Ausübung ihres Amtes.
Das bedeutet, dass die Richter:innen in der Verfahrensführung und bei ihren Entscheidungen an keine Weisungen von Vorgesetzten gebunden sind, Vorgesetzte und insgesamt die Justizverwaltung also den Ausgang eines Verfahrens nicht beeinflussen dürfen.
Außerdem dürfen Richter:innen nur in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen ihres Amtes enthoben oder gegen ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese sogenannten richterlichen Garantien der Unabhängigkeit, Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit dienen dem Schutz der Gerichtsbarkeit vor Einflüssen von außen und garantieren den Verfahrensbeteiligten ein faires Verfahren.
Sind Richter:innen vor dem Gesetz immun?
Nein. Richter:innen, die schuldhaft gegen Berufs- und Standespflichten verstoßen, sind disziplinär verantwortlich. Dies kann sich auch auf Akte der Rechtsprechung beziehen, sodass Richter:innen keine Immunität genießen. Sie haben sich vor dem Disziplinargericht, das beim Oberlandesgericht bzw. beim Obersten Gerichtshof bzw. beim Bundesfinanzgericht für das Bundesverwaltungsgericht eingerichtet ist, zu verantworten.
Soweit eine schuldhafte Berufspflichtenverletzung auch einen strafgerichtlichen Tatbestand erfüllt, haben sich Richter:innen auch vor dem Strafgericht zu verantworten. Das Strafgesetzbuch sieht für öffentlich Bedienstete eigene Amtsdelikte vor, wie z.B. den Missbrauch der Amtsgewalt, Bestechlichkeit oder die Verletzung des Amtsgeheimnisses.
Dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht besagt, dass die Geschäfte auf die Richter:innen des Gerichtes im Voraus zu verteilen sind und gewährleistet, dass sich die Parteien nicht aussuchen können, wer in einer Rechtssache entscheidet.
Dieses Recht wird auch verletzt, wenn ein Gericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt.
Laiengerichtsbarkeit bedeutet, dass Personen, die keine hauptberuflichen Richter:innen und oft gar keine Jurist:innen sind, an der Rechtsprechung beteiligt sind. Dies sieht die österreichische Bundesverfassung (Bundes-Verfassungsgesetz) in Artikel 91 vor. Die Laiengerichtsbarkeit ist daher ein Teil des demokratischen Grundprinzips der österreichischen Bundesverfassung und bewirkt eine Teilnahme der Rechtsprechung durch das Volk.
Was ist ein Schöff:innengericht?
In einer Verhandlung vor einem Schöff:innengericht entscheiden grundsätzlich ein:e Berufsrichter:in gemeinsam mit zwei Schöffinnen:Schöffen über das Urteil. Das Landesgericht wird als Schöff:innengericht tätig, wenn die Straftat mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist. Bei bestimmten sehr schweren Straftaten (z.B. Totschlag, Vergewaltigung, Brandstiftung), entscheidet das Landesgericht durch einen Senat mit zwei Berufsrichter:innen und zwei Schöffinnen:Schöffen. Für einen Schuldspruch ist immer eine Mehrheit im Senat erforderlich, bei einem Gleichstand sind Angeklagte freizusprechen.
Was ist ein Geschworenengericht?
Ein Geschworenengericht setzt sich aus drei Berufsrichter:innen („Schwurgerichtshof“) sowie acht Geschworenen („Geschworenenbank“) zusammen.
Geschworenengerichte entscheiden am Landesgericht bei besonders schweren Straftaten (das sind solche, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe bedroht sind, deren Untergrenze mehr als fünf Jahre und deren Obergrenze mehr als zehn Jahre beträgt, zB Mord) oder bei bestimmten politischen Delikten (zB Hochverrat, Straftaten nach dem Verbotsgesetz).
Die Geschworenen entscheiden allein über die Schuld des:der Angeklagten, über das Strafausmaß jedoch gemeinsam mit den Berufsrichter:innen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
Laiengerichtsbarkeit (justiz.gv.at)