Was bedeutet Maßnahmenvollzug?
Der Maßnahmenvollzug oder der Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen bezeichnet die Unterbringung von Rechtsbrecher:innen mit psychischen Erkrankungen, die aufgrund ihrer darauf basierenden Gefährlichkeit von der Außenwelt abzuschließen sind. Zweck ist die Minimierung der Gefährlichkeit durch die Behandlung der psychischen Erkrankung.
Für die Betreuung der Rechtsbrecher:innen, die sich im Maßnahmenvollzug befinden, sind eigene Sonderanstalten oder -abteilungen eingerichtet, die auf die besonderen Behandlungs- und Betreuungsbedürfnisse dieser Personen ausgerichtet sind.
Der Maßnahmenvollzug kann wiederum in folgende Vollzugsformen unterteilt werden:
- Maßnahmenvollzug an Personen mit „schwerwiegender und nachhaltiger psychischer Störung“
- Maßnahmenvollzug an entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrecher:innen
Die größte Gruppe im Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen bilden die Rechtsbrecher:innen mit „schwerwiegender und nachhaltiger psychischer Störung“. Darunter fallen Personen mit psychischen Krankheiten, Persönlichkeitsstörungen oder intellektuellen Beeinträchtigungen, aufgrund derer die Straftat begangen wurde.
Die Einweisung erfolgt unter folgenden Voraussetzungen:
- Begehung einer Straftat, die mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist.
- Die Tat muss unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung begangen worden sein, d.h. die Krankheit war ursächlich für die Tat.
- Befürchtung, dass der:die Täter:in mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft eine weitere Straftat mit schweren Folgen begehen wird.
- Wenn die angedrohte Freiheitsstrafe der konkreten Tat nicht drei Jahre übersteigt, zusätzliches Erfordernis: befürchtete Tat entweder gegen Leib und Leben gerichtet und mit mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht (etwa schwere Körperverletzung) oder Sexualstraftat, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.
Es wird unterschieden zwischen:
- Zurechnungsunfähigen Personen mit „schwerwiegender und nachhaltiger psychischer Störung“ gem. § 21 Abs. 1 StGB
- Es wird ausschließlich eine vorbeugende Maßnahme, nämlich die Einweisung in einer Sonderanstalt verhängt, ohne dass dabei eine Freiheitsstrafe ausgesprochen wird. Es handelt sich dabei um Personen, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung oder Persönlichkeitsstörung zum Zeitpunkt der Tat nicht schuldfähig waren. Sie konnten das Unrecht ihrer Handlung nicht einsehen und können deshalb auch nicht bestraft werden).
- Zurechnungsfähigen Personen mit „schwerwiegender und nachhaltiger psychischer Störung“ gem. § 21 Abs. 2 StGB
- Es werden sowohl eine Freiheitsstrafe als auch die vorbeugende Maßnahme gleichzeitig verhängt. Da sie zum Zeitpunkt der Straftat zurechnungsfähig waren, erfolgt auch ein Strafausspruch. Zusätzlich wird aufgrund der Gefährlichkeit dieser Personen wegen ihrer psychischen Erkrankung die vorbeugende Maßnahme angeordnet.
Gerichte entscheiden über die Verhängung und Aufrechterhaltung einer Maßnahme. Die Anordnung zur Unterbringung in einer Maßnahme wird unbefristet ausgesprochen. Eine Entlassung dieser Personen setzt eine deutliche Besserung des psychischen Zustandes und eine erhebliche Minderung der Gefährlichkeit voraus.
Eine Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug kann stets nur bedingt erfolgen.
Eine Überprüfung, ob die Gefährlichkeit des Täters bzw der Täterin noch vorliegt, haben die Gerichte jährlich durchzuführen.
Unter den Begriff der entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrecher:innen fallen z.B. Personen, die
- durch den Konsum von Alkohol oder Suchtmittel derart berauscht sind, dass sie nicht mehr zurechnungsfähig sind,
- und in diesem Zustand eine Straftatbegangen haben.
Ist
zu befürchten, dass der:die Rechtsbrecher:in aufgrund seiner:ihrer Sucht in
diesem Zustand eine Straftat mit schweren Folgen oder Straftaten mit nicht bloß
leichten Folgen begehen wird ,so kann die Person in eine Anstalt für
entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher:innen eingewiesen werden.