Justizministerrat in Luxemburg
Einigung in den Bereichen Geldwäsche, Insolvenz, Datenschutz und Rechtsstaatlichkeit
Am Donnerstag, den 11. Oktober 2018, fand der Rat für
Justiz in Luxemburg statt. Auf der Tagesordnung standen eine Reihe von
zukunftsentscheidenden Themen, die die Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit in
Europa erhöhen sowie den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit unter den
Mitgliedsstaaten stärken. Als Vorsitzender hielt Justizminister Josef Moser vor
dem Rat fest: „Um rechtsstaatliche Standards auch in Zukunft sicherzustellen,
braucht es Vertrauen der Mitgliedsstaaten untereinander. Deshalb habe ich eine
Initiative zur Stärkung der gegenseitigen Anerkennung und der
Rechtsstaatlichkeit ins Leben gerufen, bei dem ich gemeinsam mit meinen
Kollegen, über einheitliche Standards diskutieren und so das Vertrauen der
Mitgliedstaaten untereinander wieder stärken möchte. Heute werden wir unter anderem
verschiedene Best Practice Beispiele aus den einzelnen Staaten diskutieren.“
Am Anfang der Sitzung
beschäftigten sich die Justizminister mit dem Thema Datenschutz. Dabei wurde
die Datenschutz Verordnung für EU-Institutionen, sowie die Ratifizierung des geänderten
Übereinkommens Nr. 108 über den Datenschutz beschlossen. Die Verordnung stellt sicher, dass für Organe
der Einrichtungen der EU dieselben Regeln gelten wie für die Mitgliedstaaten. „Betroffene
Personen können – ebenso wie nach der DSGVO – ihre Betroffenenrechte geltend
machen, wobei hier 34 Europäische Datenschutzbeauftragte die Rolle der
nationalen Datenschutzbehörden in diesem Bereich übernehmen“, erklärte Josef
Moser. Durch die Ratifizierung des geänderten Übereinkommens wird auch das
Datenschutzregime im Europarat modernisiert.
Der nächste Tagesordnungspunkt
befasste sich mit der Richtlinie über Insolvenz, Restrukturierung und zweite
Chance für Unternehmer. Die Richtlinie sieht die Schaffung eines
vorinsolvenzrechtlichen, präventiven Restrukturierungsrahmens im Wege einer
Mindestharmonisierung, eine Erleichterung der Entschuldung von redlichen
Unternehmen (nach drei Jahren) sowie eine Steigerung der Effizienz von
Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren vor. Dabei gelang eine Allgemeine
Ausrichtung, sodass die Richtlinie jetzt in die Trilog-Verhandlungen geht und
damit zum Abschluss gebracht werden kann. „Unser Wohlstand hängt nicht nur von
Unternehmen, sondern auch von unseren Arbeitsplätzen ab. In diesem Zusammenhang freut es mich besonders,
dass es heute gelungen ist eine allgemeine Ausrichtung zu erreichen, sodass die
RL Insolvenz, Restrukturierung und zweite Chance jetzt in die
Trilog-Verhandlungen gehen und hoffentlich bald zum Abschluss gebracht werden
kann“, hielt Justizminister Moser fest. Die Richtlinie ist bedeutend, da es
EU-weit jedes Jahr bis zu rund 200.000 Insolvenzen komme und damit 1,7
Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. „Unser Ziel ist es, Insolvenzen zu
verhindern, in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen eine Stütze zu bieten und
damit das Unternehmertum zu fördern“, so Moser.
Im Anschluss gab es eine
Orientierungsaussprache über „E-Evidence“, bei der einige Fortschritte erzielt
werden konnten. Ziel von E-Evidence ist der bessere grenzüberschreitende Zugang
zu elektronischen Beweismitteln, zur effektiven Bekämpfung von
Internetkriminalität oder Straftaten unter Verwendung des Internets. Dabei
wurden zwei verschiedene, voneinander unabhängige Gesetzesvorschläge der
Europäischen Kommission besprochen. Die Verordnung sieht vor, dass nationale
Behörden, Dienstanbieter in einem Mitgliedstaat, direkt zur Herausgabe oder
Sicherung von Daten verpflichten können. Die Richtlinie ist zur Durchsetzung
von Verpflichtungen aus der Verordnung notwendig, wenn es sich um einen Betreiber
handelt, der seinen Sitz in einem Drittland hat und seine Dienste in der EU
anbietet - beispielsweise Facebook oder Google. „In den letzten Jahren hat sich
immer öfter gezeigt, wie wichtig es ist, Internetkriminalität zu begegnen, da
gerade Straftaten wie Hacking, Phishing Kinderpornographie oder Rassismus immer
mehr zunehmen. Dabei erfordert bereits jede zweite Strafermittlung in Europa
Zugriff auf digitale Beweismittel, die im Ausland lagern", so Moser. Das
von der Verordnung vorgeschlagene Verfahren soll schneller als das klassische
Rechtshilfeverfahren sein. Darüber hinaus soll der Anordnung in
Notfallsituationen sogar binnen sechs Stunden entsprochen werden. Durch die
verpflichtend zu verwendenden Formulare können Übersetzungskosten reduziert werden.
Außerdem erhalten die Betreiber EU-weit einheitliche Formulare, was die
Bearbeitung erleichtert und beschleunigt. „Das Thema ist mir ein besonders
großes Anliegen, deshalb hatten wir es auch heute auf der Tagesordnung um weitere
Fortschritte zu erzielen“, so der österreichische Justizminister.
Ein weiterer Gesetzesvorschlag,
der ein abgestimmtes Verhalten nationaler Strafverfolgungsbehörden vorsieht,
ist die Geldwäsche-Richtlinie. "Die Sicherheit in Europa konnten wir heute
vor allem durch die Annahme der Geldwäsche-Richtlinie stärken. Das ist ein
großer Erfolg, da die wir gemeinsame Mindestvorschriften in diesem Bereich
einführen können. Das ist eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen Geldwäsche. Die
damit verbundene Terrorismusfinanzierung und organisierte Kriminalität können
wir damit effektiv eindämmen“, erklärte Moser. Der Justizminister bedankte sich
bei den vorangegangenen Vorsitzen Malta, Estland und Bulgarien für die gute Vorarbeit,
sowie der Kommission für ihre Anstrengungen.
Der nächste Tagesordnungspunkt
war ein Gedankenaustausch mit dem Direktor der Europäischen Agentur für
Grundrechte, Michael O’Flaherty. In seiner Rede sprach er Bedrohungen für
Minderheitengruppen, Herausforderungen für nationale Menschenrechtssysteme, und
Wahrung von Grundrechten im Internet an. „Gerade, wenn wir für einheitliche
rechtsstaatliche Mindeststandards eintreten, müssen wir uns auch mit
Grundrechten beschäftigen. Unsere Union baut auf Grundrechten – diese sind der
Schlüssel für Stabilität und Frieden. Heute waren meine Amtskolleginnen und –Kollegen
und ich uns einig, dass wir unsere Grundrechte nur stärken können, wenn wir mit
allen Stakeholdern, insbesondere der Zivilgesellschaft gemeinsam vorgehen“, so
der Justiz- und Verfassungsminister. Österreich hat sich bei der Vorbereitung
und Verhandlung von Ratsschlussfolgerungen zur Anwendung der Grundrechtechart bemüht
zwischen den unterschiedlichen Positionen der anderen MS zu vermitteln und
Brücken zu bauen. Schlussendlich ist es uns gelungen, Schlussfolgerungen des
Vorsitzes anzunehmen, die von einer überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützt
wurden.
Anknüpfend an die Vorarbeiten der
vorherigen Ratspräsidentschaft setzt Österreich auch im Bereich der
Europäischen Staatsanwaltschaft weitere Schritte. Diese Verordnung wurde
bereits im Oktober 2017 angenommen. Sowohl
der Durchführungsbeschluss über die Regeln für die Tätigkeit des
Auswahlausschusses sowie ein Beschluss zur Ernennung der Mitglieder des
Auswahlausschusses wurde unter der österreichischen Präsidentschaft angenommen.
Nun kommt es zur Ausschreibung der Position und der Bestellung des
Europäischen Generalstaatsanwaltes sowie der Ernennung des interimistischen
Verwaltungsdirektors.
Zum Thema gegenseitige
Anerkennung in Strafsachen und der Stärkung des gegenseitigen Vertrauens gab es
einen Gedankenaustausch im Rat. "In den letzten Jahren haben wir
beobachten können, dass unser Rechtsstaat bedroht und nicht garantiert ist. Es
ist unsere Aufgabe das Rechtsstaatlichkeitsprinzip in der Europäischen Union
und ihren Nachbarländern nachhaltig zu sichern“, betonte Josef Moser. Denn die
justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher
Urteile und Entscheidungen und somit auch auf gegenseitigem Vertrauen. Jede
Behörde sollte darauf vertrauen, dass die anderen Behörden die Instrumente der
gegenseitigen Anerkennung sowie die diesbezüglichen nationalen
Rechtsvorschriften und die der Union korrekt und fair anwenden. Jeder Mitgliedsstaat sollte Beispiele für
bewährte Verfahren zur Stärkung der gegenseitigen Anerkennung bzw. des gegenseitigen
Vertrauens nennen. Eine weitere Frage war, welche Maßnahmen ergriffen werden,
um auf die jüngsten Entwicklungen zu reagieren, insbesondere auf die
Entwicklungen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU oder in der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, beispielsweise
zu Haftbedingungen. Schlussendlich wurde auch über Maßnahmen gesprochen, die
die Mitgliedstaaten selbst zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens setzen
bzw. sich von anderen Staaten erwarten. Moser sagte nach der Aussprache: „Es
gab hier einen hervorragenden Austausch mit meinen Amtskolleginnen und
–Kollegen. Ich freue mich, dass es grundsätzlich eine Bereitschaft gibt, die
Rechtsstaatlichkeit zu stärken.“
Neben der Rechtsstaatlichkeit und der Justiz haben sich die Justizminister auch Gedanken über die Stärkung der Demokratie gemacht. „Grundvoraussetzung dafür sind freie und faire Wahlen. Unser digitales Zeitalter bedeutet, aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten zur gezielten Desinformation, eine Herausforderung für demokratische Wahlen. Die EU muss daher Wege finden, das Funktionieren unserer Demokratien zu schützen“, erklärte Moser. Die Europäische Kommission hat die Justizminister über ihr Maßnahmenpaket zur Sicherstellung freier und fairer Wahlen informiert. Dieses Paket spricht potentielle Gefahren an und will die Wahlen zum europäischen Parlament 2019 schützen. Es fordert etwa die Möglichkeit der Sanktionierung der missbräuchlichen Verwendung persönlicher Daten, um Wahlen zu beeinflussen sowie die Verbesserung der Transparenz bei politischer Online-Werbung. Die damit verbundenen Legislativvorschläge sollen noch in der laufenden Gesetzgebungsperiode des Europäischen Parlaments verabschiedet werden.