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Geschichtliches

Das Zillertal stand im Mittelalter überwiegend unter der Herrschaft der Erzbischöfe in Salzburg, deren Machtstellung auf umfangreichen Grundbesitztümern basierten, die von Schenkungen weltlicher Fürsten herrührten. Die älteste Überlieferung einer solchen Güterübertragung datiert aus dem Jahr 889. Die Gerichtsbarkeit sowie andere unzählige Verwaltungsbefugnisse übten die Salzburger Bischöfe zunächst selbst aus, bevor sie diese Tätigkeiten im 13. Jahrhundert durch eigene, abhängige Beamte durchführen ließen.

Im Bereich des Zillertals nahmen die heute von zahlreichen Behörden und Institutionen getragenen Aufgaben in Verwaltung und Justizwesen zwei Beamte – der Pfleger und der Urbarprobst – wahr: Der Pfleger fungierte als ranghöchster Beamter und zugleich als Repräsentant des Hochstifts Salzburg, der in seiner richterlichen Funktion durchaus als Vorgänger des heutigen Bezirksgerichts angesehen werden kann. Seinen Amtssitz hatte er in der am Taleingang gelegenen Burg Kropfsberg, die im 13. Jahrhundert errichtet worden war. Der Urbarprobst stand in der Ämterhierarchie an zweiter Stelle hinter dem Pfleger. Während dem Pfleger die allgemeine Verwaltung, das Wehrwesen sowie die Strafgerichtsbarkeit oblag, war der Urbarprobst für die Verwaltung des salzburgischen Urbarbesitzes sowie damit zusammenhängend für die streitige Gerichtsbarkeit um Urbargüter und Urbarpflichten zuständig.

Als markanter Einschnitt in der Geschichte des Zillertals ist die Verlegung des Amtssitzes des salzburgerischen Pflegers von der Burg Kropfsberg nach Zell am Ziller im Jahre 1592 zu nennen, womit auch die Vereinigung der bisher getrennten Ämter eines Pflegers und Urbarprobstes Hand in Hand ging. Der zeitweilig zur Unterstützung des Pflegers bestellte Richter war bereits Anfang des 16. Jahrhunderts nicht mehr nachbesetzt worden und ist in der Folge im Pflegeramt aufgegangen.

Nachdem sich das im heutigen Gebäude der Volksschule Zell untergebrachte Pfleghaus im Laufe der Jahrzehnte als zu beengt erwies, beschloss man, eine neue Heimstatt für das Gericht zu bauen, eben jenes heute noch in Dienst stehende Bezirksgericht, das im Jahre 1767 bezogen wurde.

Das Pfleggericht in Zell war – im Gegensatz zur jetzigen Zeit – für die Bereiche Verwaltung, Rechtsprechung, Finanzwesen und Militärangelegenheiten zuständig; eine Anhäufung von Kompetenzen, die mit unserem heutigen Rechtsverständnis von einer strengen Gewaltentrennung in auffallendem Widerspruch steht.

Die napoleonische Zeit war auch für die Geschichte des Zillertals bedeutend. Im Zuge der Säkularisierung kam Salzburg, zu dem das Zillertal gehörte, 1803 unter die Herrschaft Österreichs. 1805 fiel Tirol an die Bayern und durch die Niederlage von 1809 wurde auch Salzburg dem neugeschaffenen Königreich angegliedert, wobei es erstmals eine territoriale Einheit mit Tirol bildete. Die Niederlage Napoleons brachte dann im Jahre 1816 die endgültige Vereinigung des Zillertals mit dem Land Tirol.

Den Gerichten wurden – als Konsequenz der modernen Vorstellungen von der Vereinheitlichung des Gerichtswesens und der Gewaltenteilung – 1848 die finanz- und steuertechnischen Aufgaben entzogen und 1868 die Verwaltungsaufgaben von den Gerichten auf die neu errichteten Bezirkshauptmannschaften übertragen. In der Kompetenz der Bezirksgerichte verblieb die Rechtsprechung mit den damit in Zusammenhang stehenden Bereichen.

Heute ist das Bezirksgericht Zell am Ziller für 23 Zillertaler Gemeinden mit einer Fläche von 1086 km² und rund 30.000 Einwohnern zuständig. Die Tatsache, dass eine Talschaft geschlossen einen Gerichtssprengel bildet, ist in Österreich einzigartig und fördert die Verbundenheit der Zillertaler mit „ihrem“ Gericht in Zell.

Der Geschäftsanfall und die tägliche Arbeit des Bezirksgerichtes Zell am Ziller werden vor allem auch durch den Fremdenverkehr beeinflusst. Dies zeigt sich insbesondere an einem hohen Ausländeranteil in Zivil- und Strafsachen. Ebenso ist ein Mehranfall an Grundbuchsakten zu verzeichnen, der auf die rege, durch den Tourismus bedingte Bautätigkeit zurückzuführen ist.

Im Jahr 1951 konnte der Aktenanfall noch von 2 Richtern und 5 nichtrichterlichen Bediensteten bewältigt werden. Bis zum Jahr 1971 wurde der Personalstand auf 10 Mitarbeiter (2 Richter, 8 nichtrichterliche Bedienstete) aufgestockt. Heute versehen am Gericht 3 Richter (2,5 richterliche Planstellen bei einer Doppelplanstelle Zell/Schwaz) und 14 nichtrichterliche Bedienstete ihren Dienst.

Durch die kontinuierliche Erhöhung der Mitarbeiterzahl wurde eine Erweiterung der Amtsräume erforderlich. Während im Jahr 1951 nur sieben Räume zur Verfügung standen, vergrößerte sich das Bezirksgericht Zell am Ziller bis 1971 räumlich auf neun Büros. Im Zuge der Generalsanierung des Gerichtsgebäudes wurden in den Jahren 1989 bis 1991 insgesamt 24 Räume für den Gerichtsbetrieb adaptiert.

Quellenangabe: Festschrift „1592 bis 1992 - 400 Jahre Gericht Zell am Ziller“ von Dr. Georg Menardi