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Einstellung des Verfahrens gegen August Wöginger, Mag. Siegfried M. und Herbert B.

Nach Bezahlung der Geldbußen von Euro 17.000,-- (Mag. Siegfried M.), 22.000,-- (Herbert B.) und 44.000,-- (August Wöginger) und Zahlung eines zusätzlichen symbolischen Betrages von je Euro 500,-- an die Privatbeteiligte Dr. Christa Scharf wurde das Verfahren durch das LG Linz nun endgültig eingestellt.

Gegen diesen Beschluss kann die Staatsanwaltschaft binnen 14 Tagen Beschwerde erheben.

Diversion ist die Beendigung des Strafverfahrens ohne förmlichen Schuldspruch. Diversion bewirkt keine Entkriminalisierung. An der Notwendigkeit einer Beachtung der Strafgesetze wird durch eine Diversion nicht gerüttelt. Diversionsmaßnahmen lassen den bestehenden strafrechtlichen Rechtsgüterschutz unangetastet, sie stellen keinen Freispruch dar.

Die gesetzlichen Voraussetzungen der Diversion lauten:

1. keine Tat mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafdrohung
2. hinreichend geklärter Sachverhalt, Verantwortungsübernahme
3. Berücksichtigung der Opferinteressen
4. keine schwere Schuld
5. keine entgegenstehenden spezial- und generalpräventiven Gründe
6. keine Bestechung oder Bestechlichkeit mit Vermögensvorteil für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts
7. keine oder bloß geringfügige oder sonst unbedeutende Schädigung an Rechten

Diese Voraussetzungen wurden in der Entscheidung des Landesgerichtes Linz abgearbeitet und wie folgt begründet:
1. Der Strafrahmen beträgt sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass einzelne Berufsgruppen generell aus dem Anwendungsbereich der Diversion ausgeschlossen sind. Auch bei Missbrauch der Amtsgewalt ist eine diversionelle Erledigung gesetzlich grundsätzlich möglich.

2. Die Angeklagten übernahmen Verantwortung hinsichtlich der ihnen in der Anklage zur Last gelegten Handlungen, gaben ihr Fehlverhalten nicht nur zu, sondern bedauerten dies auch. Durch die freiwillige Zahlung eines symbolischen Betrags an Dr. Christa Scharf zeigten sie auch dieser gegenüber Verantwortung. Für das Vorliegen der Verantwortungsübernahme ist der Zeitpunkt des Diversionsangebotes relevant. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt.

3. Durch das BVwG wurde Dr. Christa Scharf ein Ersatzanspruch ab 1.4.2017 in Höhe der Bezugsdifferenz zwischen dem Monatsbezug bei diskriminierungsfreier Betrauung und dem tatsächlichen Monatsbezug zuerkannt. Darüber hinaus wurde ihr für die erlittene persönliche Beeinträchtigung ein Entschädigungsbetrag von Euro 5000,-- zuerkannt. Dieser Betrag wurde vom BVwG als angemessen für die erlittene persönliche Beeinträchtigung beurteilt. Er bildete einen wirksamen Ausgleich. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass vom Zeitpunkt der Diskriminierung bis zum Ruhestand eine Zeitspanne von maximal zweieinhalb Jahre bestanden hatte. 

4. Bei der Schuldprüfung kommt insbesondere auch dem Nachtatverhalten Bedeutung zu. Durch den oben geschilderten Ausgleich der schwerwiegenden Tatfolgen reduziert sich der Schuldvorwurf. Zum (maßgeblichen) Zeitpunkt des Diversionsanbots durch das Schöffengericht hatten die - unbescholtenen - Angeklagten eine reumütige Einsicht in ihr Fehlverhalten, die Tat liegt beinahe neun Jahre zurück. Es liegt den Angeklagten ein einmaliges Fehlverhalten zur Last. 

5. Bei gesamtheitlicher Betrachtung kommt eine hinreichende Distanzierung der Angeklagten von weiterem strafbaren Verhalten zum Ausdruck. Bereits in einem sehr frühen Stadium (geplant waren elf Verhandlungstermine) hatten die Angeklagten die Verantwortung für ihr strafrechtlich relevantes Handeln übernommen. Der Erstangeklagte war infolge der Anklageerhebung vom Dienst suspendiert worden, beim Zweitangeklagten wurden dienst- und disziplinarrechtliche Folgen geprüft. Alle drei Angeklagten - allem voran August Wöginger aufgrund seiner politischen Funktion (Klubobmann im Nationalrat) als Person des öffentlichen Lebens - waren durch die intensive mediale Berichterstattung im Ermittlungs- und Hauptverfahren mit nicht unerheblicher beruflicher und sozialer Stigmatisierung konfrontiert, die bereits für sich einen gewissen Sanktionscharakter aufweist und im Ergebnis eine nicht zu vernachlässigende spezialpräventive Wirkung entfaltet.
Dem umfangreichen Ermittlungsverfahren bis hin zur Anklage sowie dem Umstand, dass sich die Angeklagten nunmehr dem Strafverfahren vor Gericht stellen mussten, kommt eine unmissverständliche Signalwirkung an die Bevölkerung zu. Diese verdeutlicht, dass eine nach unsachlichen Erwägungen erfolgte Postenbesetzung in einem öffentlich ausgeschriebenen Bewerbungsverfahren der österreichischen Rechtsordnung und ihren Grundsätzen zuwiderläuft. Solche Vorgänge werden strafrechtlich verfolgt.
Durch die Einvernahme von 34 Zeugen aus der Finanzverwaltung seit 2021 wurde aber auch das Bewusstsein in der öffentlichen Verwaltung selbst geschärft und dortige Verantwortungs- und Entscheidungsträger verstärkt dahingehend sensibilisiert, dass Postenbesetzungen im öffentlichen Dienst - etwa aus parteipolitischem Kalkül - den Tatbestand des Amtsmissbrauchs zu verwirklichen vermögen. 

6. Ein bösartiges oder in Bereicherungsabsicht stehendes Verhalten oder ein Verhalten der Bestechung oder Bestechlichkeit liegt nicht vor. 

7. Die übergangene Bewerberin ist durch die den Angeklagten zur Last gelegten Taten an ihren Rechten auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung zwar geschädigt. Zum (maßgeblichen) Zeitpunkt des Diversionsanbots war Dr. Christa Scharf aber bereits ein Ersatzanspruch zugesprochen worden, weshalb keine Gehaltseinbußen seitens des Opfers mehr vorlagen. Dr. Scharf erhielt monatlich die Bezugsdifferenz zwischen dem Monatsbezug bei diskriminierungsfreier Betrauung und dem tatsächlichen Monatsbezug. Die Kosten, die sie im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG zu tragen hatte, hatte sie ersetzt bekommen. Weitere vermögensrechtliche Schäden wurden zum Zeitpunkt des Diversionsanbots - trotz Einräumung des Anhörungsrechts des Privatbeteiligtenvertreters - nicht benannt. Der symbolische Betrag durch die Angeklagten ist als Anerkennung des Opferstatus, nicht aber als resultierender vermögensrechtlicher Schaden zu beachten. Sämtliche unmittelbare Schädigungen an Rechten (Vermögensrechte (= Bezugsdifferenz) und Persönlichkeitsrechte (= angemessener Entschädigungsbetrag von Euro 5000,--)) sind ausgeglichen. 

Es besteht ein Recht des Staates auf Besetzung von Führungspositionen durch die bestgeeignete Bewerberin bzw. den bestgeeigneten Bewerber. Dieses Recht dient vor allem der Qualitätssicherung. Durch das Erkenntnis des BVwG ist festgestellt, dass sämtliche der damaligen Bewerberinnen und Bewerber als Vorstand geeignet waren. Mit Blick auf die Qualitätssicherung ist dem Staat durch die vorgeworfene missbräuchliche Bestellung des Zeugen zum Vorstand kein unmittelbarer Schaden entstanden. Hinsichtlich der Schädigung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung war zu berücksichtigen, dass gerade das in diesem Zusammenhang geführte, umfangreiche und medial mitbegleitete Strafverfahren von Bedeutung war. In der Hauptverhandlung erfolgte zudem eine glaubhafte Darstellung, dass von einem solchen Fehlverhalten künftig Abstand genommen wird. Beides war geeignet, das Ansehen der öffentlichen Verwaltung im besonderen Maß wiederherzustellen.
Insbesondere August Wöginger in seiner derzeitigen politischen Funktion hat durch seine öffentlich geäußerte Verantwortungsübernahme dazu beigetragen, die Wiederherstellung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung zu stärken.

Rückfragehinweis:
Medienstelle des Landesgerichtes Linz, Mobil: +43 676 89894 2736