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Urteil: Schuldsprüche gegen sechs Angeklagte im Jugendstrafverfahren wegen Übergriffen gegen eine Lehrerin

Am Landesgericht für Strafsachen Wien wurden heute, am vierten Prozesstag, sechs der sieben jugendlichen Angeklagten für schuldig befunden und teils zu hohen, unbedingten Haftstrafen verurteilt, das Urteil ist nicht rechtskräftig.


Die Staatsanwaltschaft Wien legte den sieben jugendlichen Angeklagten eine Vielzahl an Delikten zur Last, u.a. Erpressung, Brandstiftung, Vergewaltigung und Diebstahl in unterschiedlicher Beteiligung. Die Vorfälle trugen sich nach der Anklage zwischen Juli 2024 und Jänner 2025 in Wien zu.

Drei der angeklagten Jugendlichen befanden sich auch bei der Hauptverhandlung noch in Untersuchungshaft, zwei waren schon im Ermittlungsverfahren enthaftet worden.

Kenntnis erlangte die Polizei von den zahlreichen Vorwürfen erst im Rahmen der Ermittlungen rund um die Brandstiftung an der Wohnung des Opfers. Laut Anklage legten vier der Jugendlichen in der Nacht vom 15.1. auf den 16.1.25 in der leerstehenden Wohnung Feuer.

Der bis dato unbescholtene Haupttäter (geb. Ende 2009) wurde wegen schwerer Erpressung, Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person, geschlechtlicher Nötigung und Brandstiftung sowie mehreren Vermögensdelikten zu einer Haftstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren verurteilt. Weiters wurde er verpflichtet, teils gemeinsam mit anderen Angeklagten, dem Opfer rund EUR 15.000 an Schadenersatz zu bezahlen.

Das Opfer hatte ihn als Haupttäter beschrieben und als Kopf der Gruppe, weshalb letztlich nur zu ihm ein Schuldspruch wegen der schweren Erpressung erfolgte. Er hatte der Frau angedroht, ihre Affäre mit einem früheren Schüler publik zu machen sowie kompromittierende Bilder und Videos zu veröffentlichen, so sie den Forderungen der Gruppe nach Geld, Lebensmitteln, Tabak und Suchtmittel nicht nachkam.

Auch der im Mai 2008 geborene Zweitangeklagte wurde wegen Vergewaltigung, Einbruchsdiebstahl, Brandstiftung, Verstoß gegen das Waffen- und Suchtmittelgesetz sowie Sachbeschädigung für schuldig befunden und zu einer Haftstrafe in der Höhe von drei Jahren verurteilt. Er ist bereits mehrfach vorbestraft. Eine zuletzt bedingt gewährte Strafe wurde widerrufen und ist ebenfalls zu verbüßen.

Der dritte in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte wurde wegen Brandstiftung und Einbruchsdiebstahl sowie wegen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung zu einer Zusatzstrafe in der Höhe von 15 Monaten verurteilt. Aufgrund der im Jänner 2025 ergangenen Verurteilung wegen diverser Vermögensdelikte, war bei der Strafbemessung die damals verhängte Strafe von neun Monaten (sieben Monat davon bedingt) miteinzubeziehen. Ein Teil der Strafe von zehn Monate wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Ihm wurde die Weisung erteilt sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen und Bewährungshilfe angeordnet. Aufgrund der bereits in Untersuchungshaft verbrachten Zeit wurde der Angeklagte im Anschluss an die Verhandlung enthaftet.

Freigesprochen wurde jener Ende 2007 geborene vierte Angeklagte, mit dem die Hauptzeugin freiwillig eine Beziehung hatte. Ihm war der Diebstahl einer Spardose vorgeworfen worden, dieser Verdacht bestätigte sich im Beweisverfahren aber nicht. Der Freispruch ist rechtskräftig.

Der Fünftangeklagte (geb. Jänner 2008) hatte sich wegen schwerer Nötigung und nach § 207a StGB (im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurden einschlägige Bilder und Videos bei ihm gefunden) zu verantworten. Durch massive Drohungen und Einschüchterung hielt er die Zeugin davon ab, Anzeige zu erstatten und sich an die Polizei zu wenden. Der bereits vorbestrafte Jugendliche wurde zu einer Haftstrafe von 18 Monaten verurteilt. Ein Teil dieser Strafe von zwölf Monaten wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dem Fünftangeklagten wurde die Weisung erteilt sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen und Bewährungshilfe angeordnet.

Wegen des Einbruchsdiebstahls und der späteren Brandstiftung in der Wohnung des Opfers wurde der im Jänner 2011 geborene Sechstangeklagte zu einer Zusatzstrafe in der Höhe von 12 Monaten verurteilt. Auch bei ihm musste bei der Strafbemessung die im Juni 2025 erfolgte Verurteilung (wegen Raubes von EUR 15) Berücksichtigung finden. Ein Teil der Strafe von acht Monaten wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dem Sechstangeklagten wurde die Weisung erteilt sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen und Bewährungshilfe angeordnet.

Beim im April 2009 geborenen siebenten Angeklagten führte der im Dezember 2024 begangene Einbruch in einer Schule und die dort gesetzte Sachbeschädigung an mehreren Laptops zu einem Schuldspruch. Die von der Staatsanwaltschaft angeklagte Beteiligung an der schweren Erpressung konnte nicht nachgewiesen werden. Er wurde zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt. Diese Strafe wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Ihm wurde die Weisung erteilt sich einem Anti-Gewalt-Training zu unterziehen und Bewährungshilfe angeordnet.

Die Angeklagten wurden teilweise auch zur Zahlung von Schadenersatz an die junge Frau verpflichtet.

Das als Zeugin vernommene Opfer wurde im Ermittlungsverfahren sowohl durch die Polizei, als auch kontradiktorisch vor Gericht einvernommen. In der Verhandlung wurde das mehr als vierstündige Video dieser Einvernahme vorgespielt, sie erschien daher nicht bei Gericht. Ein Teil des Verfahrens, so auch Auszüge der Zeugenaussage, wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt.

Aufgrund des Alters der Angeklagten, so waren alle sieben im Tatzeitraum unter 18 Jahren, war für das Verfahren ein Jugendschöffensenat (zwei Berufs- und zwei LaienrichterInnen) zuständig.

Nach den Besonderheiten des Jugendgerichtsgesetzes ist die Strafdrohung bei Jugendlichen im Verhältnis zu Erwachsenenverfahren halbiert, so reduziert sich etwa eine Strafe von bis zu zehn Jahren auf bis zu fünf Jahre. Bei der Strafbemessung kommt Überlegungen der Spezialprävention, die Auswirkung der Strafe auf den konkreten Täter, Vorrang zu. Anders als im Erwachsenenverfahren, wo auch die abschreckende Wirkung auf die Gesellschaft zu berücksichtigen ist.

Der Erstangeklagte erbat Bedenkzeit, die anderen Angeklagten nahmen die Urteile an. Die Staatsanwaltschaft Wien gab zu den ersten drei Angeklagten keine Erklärung ab, verzichtete zu den anderen Angeklagten, so auch zum Freispruch auf Rechtsmittel. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

Bis Donnerstag, 23.10.25, 24.00h kann gegen das Urteil des Schöffensenats eine Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof oder eine Berufung gegen die Strafe an das Oberlandesgericht Wien angemeldet werden.

Rückfragen:

Landesgericht für Strafsachen Wien

Medienstelle

VP Mag. Christina Salzborn

Mag. Christoph Zonsics-Kral

christina.salzborn@justiz.gv.at

0676/8989 2 3016 bzw. 3096, 01/401 27/306 001