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Welche Verfahrensgrundsätze gibt es?

In jeder Art von gerichtlichem Verfahren (darunter beispielsweise Straf-, Zivil-, Außerstreit- oder auch Verwaltungsverfahren) gelten bestimmte Grundsätze, die von den rechtsprechenden Organen im Zuge der Einhaltung der Verfahrensordnung zu beachten sind. Die Verfahrensgrundsätze sind hauptsächlich in den jeweiligen Prozessordnungen (Gesetzen) geregelt, sie müssen jedoch nicht ausdrücklich im Gesetz festgelegt werden.

Beispiele von Verfahrensgrundsätzen:

Grundsatz der Mündlichkeit:

Dieser Grundsatz besagt, dass das entscheidende Gericht nur in Ausnahmefällen auf Grund der Aktenlage, also rein durch das Lesen des Aktes, eine Entscheidung fällen darf. Vielmehr muss vor der Urteilsfällung in den meisten Fällen eine mündliche Verhandlung stattfinden, in der alle Umstände erhoben werden, die zur Feststellung des Sachverhalts dienen. In dieser Verhandlung bzw. mehreren Verhandlungen hat der:die Richter:in den Parteien die Möglichkeit zu geben, ihre Standpunkte zu äußern, die Zeugen:Zeuginnen zu vernehmen, allenfalls Urkunden zu verlesen oder Sachverständige miteinzubeziehen. Auch die Parteien oder ihre Rechtsanwälte:Rechtsanwältinnen dürfen in diesen Verhandlungen Fragen an die zu vernehmenden Personen richten. Die Richter:innen sollen sich einen persönlichen Eindruck von den verschiedenen Parteien bzw. Beteiligten des Prozesses machen können. Dies ist für die Bewertung der Beweise besonders wichtig. Die Parteien können sich außerdem zu den Beweisergebnissen äußern.


Grundsatz der Öffentlichkeit:

Nach der Bundesverfassung sind Verhandlungen in Zivil-, Straf- und Verwaltungssachen öffentlich. Das bedeutet, dass grundsätzlich jede Person bei einer Gerichtsverhandlung dabei sein kann (Volksöffentlichkeit). Das Gesetz kann hiervon Ausnahmen bestimmen (z.B.: wenn in einem Verfahren Tatsachen des Familienlebens einer Prozesspartei erörtert werden oder zum Schutz von Kindern). Die Öffentlichkeit darf nur aus wichtigen Gründen von der Verhandlung ausgeschlossen werden.


Grundsatz des rechtlichen Gehörs:

Eine der wichtigsten Leitlinien eines gerichtlichen Verfahrens ist es, den Prozessparteien die Gelegenheit zu bieten, ihren Standpunkt im Prozess darzulegen, das Gericht muss sie und ihre Argumente hören. Die Verfahrensordnungen stellen daher strenge Regeln auf, damit dieses Recht auf Anhörung gesichert ist. Dabei kann aber die Prozesspartei - im Gegensatz zu einem:einer Zeugen:Zeugin – nicht zu einer Äußerung gezwungen werden. Hier gibt es allerdings wichtige Ausnahmen im Verfahren (beispielsweise in Außerstreitverfahren).


Grundsatz der freien Beweiswürdigung:

Dieser Grundsatz bedeutet, dass die Richter:innen nach ihrer freien Überzeugung entscheiden, ob sie etwas als bewiesen ansehen oder nicht. Sie müssen diese Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen treffen und ihre Überlegungen, die zu einem Ergebnis geführt haben, in ihrer Entscheidung in der Beweiswürdigung begründen. Die Richter:innen müssen beispielsweise ausführen, warum einem:einer Zeugen:Zeugin nicht oder mehr geglaubt wurde, wie vorgelegte Urkunden zu verstehen sind und was sich aus vorhandenen Sachverständigengutachten ergibt.